Die jüdische Gemeinde Zweibrückens
Im Gegensatz zur vorderpfälzischen Region, wo vor dem Jahre 1750 mehrere hundert Juden bekannt waren, lebten in Zweibrücken nur wenige jüdische Menschen. Diese waren überwiegend Angestellte von Herzog Christian IV., weswegen man sie auch gerne „Hof-Juden“ nannte. Juden machten sich zugleich einen guten Namen unter der restlichen Bevölkerung.
Während und vor allem nach der Französischen Revolution (1789 bis 1799) wuchs die jüdische Gemeinde Zweibrückens stetig weiter, sodass 1836 bereits 163 Personen bekannt waren. Dieser Bevölkerungszuwachs resultierte durch ein Gesetz, das am 27.09.1791 in Kraft trat, wodurch den Juden die freie Wahl des Wohnortes gewährt wurde, was viele in die Stadt trieb.
Um den Kindern ihrer Gemeinde, die bis dahin in den christlichen Schulen der Stadt untergebracht waren, einen ihrer Religion entsprechenden Unterricht zu ermöglichen, wurde 1829 ein Schulraum angemietet, in der sie von jüdischen Pädagogen gelehrt wurden.
Viele der Zweibrücker Juden betrieben eigene Geschäfte oder waren darin angestellt, sodass sie finanziell dem gehobenen Mittelstand angehörten. Es gab einige verschiedene Geschäftsbereiche in denen sie tätig waren, wie z.B. Möbel und Polsterhändler, Küchengeräte und Haushaltswaren, Bekleidung und Schuhe, Lebensmittel-, Getreide- und Getränkehandel sowie Kolonial- und Spielwaren.
Die Glaubensgenossen der Zweibrücker Judengemeinde errichteten im Jahre 1833 ihre erste Synagoge in einer angemieteten Gaststätte in der Karlsstraße, die dazu umgebaut wurde um ihre religiösen Bräuche regelmäßig statuieren zu können. So entstand auch die bis heute erhaltene Bezeichnung Judengässchen, welches von der Hauptstraße (Fußgängerzone) entlang des Gebetshauses zur Karlsstraße führte. Bereits wenige Jahre zuvor entstand schon in der Wallstraße ein jüdisches Kellerquellenbad, welches im Judentum zur Reinigung von ritueller Unreinheit dient.
Zu Beginn der 1870er Jahre betrug der Anteil der jüdischen Bürger bereits 2,5 % der Gesamtbevölkerung Zweibrückens, wodurch die angemieteten Räumlichkeiten allmählich zu eng wurden, sodass die Errichtung eines größeren Gebetshauses beschlossen wurde. Im Jahre 1877 wurde mit dem Bau der neuen Synagoge in der Ritterstraße Ecke Wallstraße begonnen. In dem Gebäude, das nach den Plänen des Bezirksbaumeisters Rau aus Zweibrücken und dem Architekten Oberbaurat von Siebert aus Speyer errichtet wurde, fanden 150 Männer und 50 Frauen im Betsaal Platz.
Nach der Fertigstellung des zweistöckigen, im maurischen Stil erbauten Sandsteinquaderbauwerks, das mit vier kleinen Türmchen auf dem Dach verziert wurde, fand am 1. und 2. August 1879 die feierliche Einweihung statt. Zur Innenausstattung gehörten unter anderem eine Orgel, ein Thoraschrein, ein Vorbeter- und Predigerpult, so wie Kronleuchter, Teppiche und eine Garderobe.
Bis zur Jahrhundertwende wuchs die jüdische Gemeinde auf insgesamt 282 gemeldete Personen heran, wodurch sie mit ihren zahlreichen Geschäften und sonstigen Betrieben einen Teil des Stadtbildes prägten und zum allgemeinen städtischen Leben beitrugen. In den drei darauf folgenden Jahrzehnten verließen viele jüdischen Bürger die Stadt wegen der wirtschaftlichen Lage, zum Teil auch wegen des 1. Weltkrieges und der Grenznähe zum damals befeindeten Frankreich. Sie zogen entweder in größere Städte oder verließen das Land.
Zu Beginn der 1930er Jahre wanderten weitere Familien wegen der bevorstehenden Bedrohung durch Hitler aus Deutschland aus, sodass zur Zeit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 nur noch 155 Juden in der Stadt lebten. Die sogenannte „Judenfrage“ kannte man zu dieser Zeit in Zweibrücken noch nicht, allerdings dauerte es nicht lange bis auch diese Stadt und Region wie alle anderen im Land auch vom faschistischen Gedankengut der Nazis infiziert wurde.
Gegen die, ab dieser Zeit immer weniger werdenden jüdischen Mitbürger, die man noch nicht lange zuvor geschätzt und geachtet hatte begannen, die Hetzereien, Erniedrigungen und viele weitere aus den Zeiten des Holocausts bekannten Taten. Von da an verließen viele weitere Juden die Stadt und das Land, sodass 1936 dann nur noch 117 Mitglieder gezählt wurden, 1938 waren es noch 86.
Während der Reichskristallnacht (Reichspogromnacht) vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Synagoge von SS-Männern in Brand gesteckt. Die herbei geeilte Feuerwehr wurde von den SS-Männern mit den Worten „Lasst sie brennen“ daran gehindert den Brand zu löschen. Sie beschränkten ihren Einsatz dann auf den Schutz der naheliegenden Gebäude. Die Reste des völlig zerstörten Bauwerks wurden im darauffolgenden Jahr beseitigt, das Grundstück von der Reichsfinanzkammer enteignet.
Die bis dahin noch nicht geflüchteten jüdischen Bewohner wurden dann bis zum Oktober 1940 in verschiedene Konzentrationslager deportiert, davon ausgenommen waren zunächst die Juden, die einen „arischen“ Ehepartner hatten. Ab 1944 wurden dann auch diese sogenannten "Mischjuden" deportiert. Nur wenige dieser Personen überlebten den Holocaust in den Arbeits- und Todeslagern!
Nach Kriegsende kehrten nur zwei jüdische Familien in ihre Heimatstadt Zweibrücken zurück.
Heute erinnert lediglich noch eine Gedenktafel in der Ritterstraße an die Synagoge sowie eine weitere Tafel am Eingang zum Judengässchen an die jüdische Gemeinde Zweibrückens. Auf der Fläche, auf der die Synagoge stand, befindet sich heute ein Parkplatz!
Auflistung jüdischer Personen aus Zweibrücken die in den Konzentrationslagern nicht überlebt haben:
Paul Allas (1895), Rosa Altgenug (1871), Henriette Altschüler, geb. Simon (1857), Bertha Annathan (unbekannt), Karoline Annathan (1885), Helene Aron, geb. Altschüler (1872), Wilhelm Bachenheimer (1901), Elisabeth Wilhelmine Benjamin, geb. Heymann (1871), Karola Berg, geb. Schwarz (1909), Lilo Blumenthal, geb. Neu (1882), Paula Bär, geb. Eilbott (1891), Rosa Defiber, geb. Rheinheimer (1874),Chana Klara Dellheim (1898), Emil Dellheim (1892), Berta Domberger, geb. Weis (1885), Albert Dreifuß (1887), Hilde Dreifus, geb. Jean (1907), Laure Dreifus (1931), Paul Elias (1895), Berta Eskeles, geb. Marx (1895), Hermann Eskeles (1865), Hugo Eskeles (1888), Senta Lore Eskeles (1925), Rosa Forst, geb. Eskeles (1885), Menasche Max Goldmann (1900), Leopold Gross (1879), Jacob Gugenheim (1870), Michael Gugenheim (1872), Johanna Haas, geb. Nauhöfer (1870), Rosa Hene, geb. Dreyfuss (1864), Ida Israel, geb. Altschüler (1887), Gustav Jacob (1874), Jenny Jean, geb. Reich (1883), Moritz (Mauritz) Jean (1880), Olga Jean, geb. Reich, Luitpold Kahn (1894), Moritz Kahn (1888), Emma Katz (1881), Joseph Katz (1904), Emilie Kaufmann, geb. Bloch (1882), Grete Kern, geb. Simon (1908), Irma Kern (1887), Amalie Koch, geb. Eskeles (1889), Claire (Klara) Lambertz, geb. Simon (1881), Karl Lanninger (1906), Heinrich Lesem (1879), Johanna Lesem (1879), Leo Lesem (1864), Eugen Levi (1865), Bertha Levy, geb. Mai (1873), Else Mai (1900), Semmy Mannheimer (1876), Arthur Mendel (1901), Hertha Meyer, geb. Bär (1910), Ilse Karoline Meyer (1901), Walter Meyer (1903), Mathilde Michel, geb. Blum (1891), Berta Moses (1888), Eugen Moses (1883), Fritz Moses (1912), Simon Nebel (unbekannt), Bertha Oppenheimer, geb. Wohlgemuth (1878), Bertha Rosenstiel, geb. Mayer (unbekannt), Max Rosenstiel (1864), Elisabeth Schönfrank, geb. Bernheimer (1898), Günter Schönfrank (1930), Siegfried Schragenheim (1890), Harry Schu (1923), Eugen Schwarz (1892), Elisabeth Schönfrank (1898), Günter Schönfrank (1930), Blondine Simon (1882), Frieda Simon, geb. Jacob (1884), Wilhelm Simon (1875), Josef Singer (1921), Erna Strauss, geb. Eilbott (1889), Johanna Ullmann, geb. Reinheimer (1876), Eugen Weis (1880), Irma Weiss (1905), Gertrud Weiss (1905), Hilde Wohlgemuth (1893)